Alles
muss klein beginnen
Unter diesem Motto stand der
Spielplatzgottesdienst 2003 im ersten Jahr meines Pfarrdienstes in Heddesheim,
den ich mitgestalten durfte. Ich erlebte ein motiviertes Team und eine
fröhliche Feier auf dem Spielplatz in den Gänsgräben mit Gottesdienst und
vielen Spielstationen rund um das „Spielodil“ (Spielebauwagen aus dem Kinder-
und Jugendwerk Weinheim). Auch die Eltern-Kind-Gottesdienste, die monatlich an
jedem zweiten Sonntag um 11.30 Uhr in der Kirche stattfanden, erlebte ich als
ein lohnendes und gut besuchtes Angebot.
Aufgrund meiner positiven Erfahrungen mit
regelmäßigen Kindergottesdiensten in meiner Ausbildungsgemeinde als Lehrvikar,
der Matthäusgemeinde in MA-Neckarau, stellte ich darum die Frage ans Team, ob
das nicht auch in Heddesheim möglich sein sollte. Warum nicht?! Das Team war
für die Idee offen und mit Michael Izso hatten wir einen Lehrvikar in der
Gemeinde, der bereit war, die Einführung des Kindergottesdienstes als
Schwerpunktprojekt seiner Ausbildungszeit mit zu begleiten.
Planung & Start
Das erste Planungstreffen mit 6 Teilnehmenden
fand am 28. Februar 2004 in der sagenumwobenen „Teestub“ im UG des
Werderkindergartens statt. Damals schon dabei vom aktuellen Team waren Regina
Gross und Mirjam Kuenzer. Beim dritten Treffen am 11. Mai war das KiGo-Team
bereits auf 11 Mitglieder gewachsen.
Im Rahmen der Planungen wurden folgende Punkte
beschlossen:
- Der
Kindergottesdienst trägt die Bezeichnung „Kinderkirche“ bzw. die Kurzform
„KiKi“.
- Die
praktische Vorbereitung und Einstimmung erfolgt zusammen mit Kindern im Rahmen
eines Kinderbibelwochenendes vom 24. bis 25. September.
- Start
der wöchentlichen Kindergottesdienste ist nach den Sommerferien 2004.
- Der
monatliche Eltern-Kinder-Gottesdienst wird als „Mahlfeier für Eltern und
Kinder“ in den Kindergottesdienstplan aufgenommen.
- Wichtig:
Der Kindergottesdienst findet um 11.30 Uhr in der Kirche (!) statt und nicht
etwa als Parallelveranstaltung zum Gottesdienst im Gemeindehaus. Gründe für
diese Entscheidung: 1) Der Raum für Gottesdienste ist die Kirche und nicht das
Gemeindehaus 2) Kinder sollen im Gottesdienst „ihre“ Kirche kennenlernen 3) Der
Kindergottesdienst soll als gleichwertiger Gottesdienst neben dem
Erwachsenengottesdienst stehen und nicht in den Verdacht geraten, ein
Betreuungsangebot für Eltern zu sein, die in Ruhe zum Gottesdienst wollen.
Zudem sollte der Kindergottesdienst mit Blick auf die Konzentrationsfähigkeit
der Kinder nicht viel länger als 30 Minuten dauern.
Der offizielle Startschuss für die
Kindergottesdienste erfolgte schließlich im Familiengottesdienst an Erntedank
am 3. Oktober 2004. Zuvor waren beim Kinderbibelwochenende vom 24. bis 25.
September mit Hilfe der über 40 teilnehmenden Kinder u.a. die bunte
KiKi-Kollektenkirche und die Paramente entstanden, die zum Teil heute noch
genutzt werden. Auch das heute nicht mehr in Gebrauch stehende „KiKiLiBu“
(Kinderkirchenliederbuch) wurde damals mit vielen bunten Zeichnungen versehen.
Der Besuch beim ersten Kindergottesdienst am
10. Oktober 2004 war gewaltig. Das Kinderbibelwochenende hatte viele Kinder
neugierig gemacht. Aufgrund des großen Zuspruchs beschloss das KiKi-Team sogar,
die Kinder für den thematischen Teil nach Altersgruppen zu trennen, um mit
altersgerechten Erzählvorlagen die biblischen Inhalte zu vermitteln.
Mit der Zeit sank jedoch die durchschnittliche
Besucherzahl, die Kinder wurden jünger und immer häufiger kamen Eltern mit, die
den Kindergottesdienst als niederschwelliges Gottesdienstangebot für sich und
ihre Familie zu schätzen lernten. Damit war die Gruppeneinteilung hinfällig –
und auch die Unterscheidung von wöchentlichem Kindergottesdienst und
monatlicher „Mahlfeier mit Eltern und Kindern“ erwies sich als nicht
zielführend. So blieb es am Ende bei wöchentlichen Kindergottesdiensten um
11.30 Uhr im Altarraum mit einer Gruppe aus Kindern und Eltern.
Das pralle Leben und der Zug durch die Wüste
„KiKi“ steht für Kindergottesdienst – aber
nicht nur. Das Kürzel steht für alle Aktionen und Projekte des KiKi-Teams, die
weit über die wöchentlichen Kindergottesdienste hinausgehen. Dazu zählten in
der Vergangenheit vier Kinderbibelwochenenden von 2004 bis 2007, sechs
Kirchenübernachtungen zwischen 2009 und 2016, die Fahrt zum Kinderkirchengipfel
2008 in Lahr, bei der wir unseren Kirchenbezirk vertreten haben, die
Kinderkirchenfeste „Von Gaben, Schätzen und Talenten“ (2013) und „Voll das
Leben“ (2018), der Kinderbibeltag „Luther auf der Spur“ (2017), die
Wiederbelebung des Spielplatzgottesdienstes 2023 sowie zahlreiche Aktionen und
Programmpunkte auf Gemeindefesten und bei Gemeindetagen u.a. mit
Zauberkünstlern und Liedermachern. Auch die ersten Weihnachtsmusicals wurden
vom KiKi-Team begleitet.
Zwischen 2008 und 2015 gab es zudem 5
Wochenendrüsten für Mitarbeitende und deren Familien, die u.a. auf die Burg
Rabeneck bei Pforzheim und in das Diezer Grafenschloss an der Lahn stattfanden.
Es wurden Ausflüge unternommen – zur Grube Messel (2011) oder in die
Oppenheimer Unterwelt (2012), Mitarbeiterfeste im Sommer und Advent gefeiert
und mehrere Fortbildungen vor Ort angeboten, bei denen zwischen 2009 und 2012
die schönen Egli-Figuren entstanden sind, die neben Frauen und Männern auch
eine Schafherde nebst Ochs und Esel umfassen.
Doch so reich und bunt sich „KiKi“ in den
Jahren entfaltet hat, es gab auch Dürreperioden. Zwischenzeitlich besuchten nur
wenige Kinder unregelmäßig den Kindergottesdienst, so dass es passieren konnte,
dass nur zwei oder drei Kinder den Weg in die Kirche fanden, in einigen Fällen
auch gar keines. Für die Mitarbeitenden, die sich vorbereitet hatten, und auch
für unseren Organisten, Dr. Henning Scharf, der die Kindergottesdienste am
Flügel begleitete, war das natürlich frustrierend.
Lange haben wir beraten, wie wir den
Kindergottesdienst und andere KiKi-Aktionen besser bewerben können. So ist
„KiKi informiert“ entstanden, ein Faltblatt mit aktuellen Infos zu anstehenden
Gottesdiensten und Veranstaltungen, das von 2009 bis 2013 vier bis fünf Mal
jährlich erschien und regelmäßig in die Elternpost unserer Kindergärten
gewandert ist. Ob´s viel gebracht hat? – schwer zu sagen. Die Besucherzahlen
blieben mau. Entscheidend für das Weiterbestehen war nicht die Werbung, sondern
der Durchhaltewillen des Teams, das einfach konsequent weitergemacht hat. Und
irgendwann, ohne dass sich konkrete Gründe nennen ließen, waren die Kinder
wieder da, KiKi blühte und auch neue Mitarbeitende fanden sich ein. Wie schön!
Abschließender Dank
20 Jahre KiKi – verbunden mit wöchentlichen
Kindergottesdiensten in einer Zeit, in der die meisten Gemeinden nur noch
monatliche oder sporadische Angebote machen – das ist wunderbar. Und dafür
möchte ich im Namen der Kirchengemeinde zunächst einmal allen danken, die den
Weg dafür bereitet haben: Lehrvikarin Corinna Schlappkohl, Pfarrer Thomas
Abraham, dem damaligen KiGo-Team sowie Pfarrer Dr. Konrad Fischer, dessen
Karfreitagsgottesdienst für Kinder mir besonders eindrucksvoll in Erinnerung
geblieben ist.
Vor allem aber möchte ich dem KiKi-Team danken
– und zwar in dreifacher Hinsicht: Erstens dafür, dass die Mitarbeitenden bei
der Stange geblieben sind, auch als die eigenen Kinder längst nicht mehr den
Kindergottesdienst besuchten. Zweitens, dass sich das Team von keiner Dürre hat
entmutigen lassen und den Kindergottesdienst selbst in Zeiten vorbereitet und
angeboten hat, wo zu befürchten war, dass niemand den Weg in die Kirche findet.
Und schließlich drittens, dass das Team schon lange völlig selbständig und
kreativ die Arbeit mit Kindern übernommen und weiterentwickelt hat, so dass ich
mich als Pfarrer praktisch komplett aus den Kindergottesdiensten zurückziehen
konnte. Lediglich am Ostersonntag bin ich noch dabei – und freue mich aufs
Eiertitschen.